Gedenkstätte Unterlüß

Montag, 21. Februar 2022

Eröffnung der Gedenkstätte am 21. Februar 2022


Am Vormittag des 21. Februar 2022 fand die offizielle Eröffnung der neuen Gedenkstätte in Unterlüß statt. Auf dem Gelände an der Müdener Straße wurde zu diesem Anlass eine Stolperschwelle durch den Künstler Gunter Demnig verlegt. Vor dem Hintergrund der Corona-Verordnungen der zurückliegenden Monate musste die offizielle Eröffnung mehrfach verschoben werden. 

Begleitet wurde die Verlegung der Stolperschwelle durch verschiedene Redebeiträge. Als Bürgermeisterin der Gemeinde Südheide leitete Katharina Ebeling in die Veranstaltung ein. Die Gemeindeverwaltung hatte die Grundstücksfläche sowie deren Herrichtung zu dem Gedenkstättenprojekt beigesteuert. Darüber hinaus war sie im Rahmen der laufenden Abstimmungen der gemeinsamen Arbeitsgruppe einbezogen. Die Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern der Gemeinde, der Firma Rheinmetall und des Arbeitskreises "Tannenberglager", hatte das Gedenkstättenprojekt über mehrere Jahre in gemeinschaftlicher Zusammenarbeit realisiert. 

Bild: einleitende Rede von Katharina Ebeling. Vorne: Verlegung der Stolperschwelle durch Gunter Demnig. Quelle: Altmann, 2022. 

Carsten Rusitschka erläuterte im Anschluss die Hintergründe, die zur Verlegung der Stolperschwelle beigetragen haben. "Wenn die Opferzahl so hoch ist, dass einzelne Stolpersteine nicht mehr reichen, dann verlegt man eine Stolperschwelle." Bereits vor zehn Jahren hatte er eine solche Schwelle befürwortet - dass diese nun vor Ort realisiert werden konnte freue ihn sehr, so Rusitschka.

Bild: Redebeitrag von Carsten Rusitschka. Quelle: Altmann, 2022. 

Der Künstler Gunter Demnig verlegte währenddessen die Stolperschwelle. Auf einer Messingplatte wurden darauf die größten Lager in Unterlüß und Umgebung benannt. Die Hintergründe und historischen Zusammenhänge werden auf den vier großen Informationstafeln der Gedenkstätte ausführlich dargestellt. 

Bild: Verlegung der Stolperschwelle durch Gunter Demnig. Quelle: Altmann, 2022. 

Hendrik Altmann erläuterte die historischen Zusammenhänge vor Ort und stellte den Fortgang des Gedenkstättenprojektes dar. Altmann, der sich seit mehreren Jahren der Heimatforschung im Raum Celle widmet und sich als ehrenamtlich beauftragter Denkmalpfleger betätigt, war im Wald bei Altensothrieth, westlich von Unterlüß, auf Relikte ehemaliger Gebäude des Tannenberglagers gestoßen. Hierauf begründete sich das Bestreben des Arbeitskreises "Tannenberglager", einem Zusammenschluss der auf Initiative von Monika Oetke ins Leben gerufen wurde, am Standort des Lagers einen Gedenkstein zu errichten. Oetke war damals als Ratsfrau im Rat der Gemeinde Südheide aktiv und hatte das Thema dort ebenfalls eingebracht. Nach und nach stießen weitere Mitglieder zum Arbeitskreis hinzu. 

Da sich dieser Bereich des ehemaligen Tannenberglagers auf dem Grundeigentum der Firma Rheinmetall befindet, wandte sich der Arbeitskreis an das vor Ort ansässige Rüstungsunternehmen. Rheinmetall signalisierte Unterstützungsbereitschaft - es zeigte sich jedoch bald, dass sich die Aufarbeitung nicht nur auf ein einziges Lager beschränken sollte. Stattdessen wurde eine Gedenkstätte für alle ehemaligen Lager vor Ort in den Fokus gerückt. Für die Aufarbeitung steuerte die Firma Rheinmetall ebenfalls Informationen aus ihren Archiven bei und übernahm die materiellen Kosten für die Informationstafeln sowie die Beleuchtung. Die redaktionelle Ausarbeitung der Texte erfolgte in gemeinschaftlicher Abstimmung der Akteure. 

Bild: Redebeitrag von Hendrik Altmann. Quelle: Altmann, 2022. 

Bekannt ist, dass sich in Unterlüß in der Zeit des Dritten Reiches mehrere tausend Zwangsarbeiter/-innen aufgehalten haben. Diese hohe Zahl sei jedoch nur sehr schwer greifbar, so Altmann. Um den Anwesenden eine Vorstellung über die Dimensionen zu geben, ließ er aneinander geklebte DIN A4 Seiten ausbreiten. Es handelte sich hierbei um eine listenmäßige Aufstellung ehemaliger Zwangsarbeiter-/innen in Unterlüß. Aufgrund der Windverhältnisse mussten mehrere Personen die Papierkette festhalten - sie wies eine Länge von rund 17 Metern auf. Allerdings, so erläuterte Altmann, seien dies lediglich die Namen der polnischen Zwangsarbeiter - eine vollständige Liste aller Nationalitäten hätte sich vermutlich weit über den verfügbaren Platz auf der Gedenkstätte erstreckt. 

Bild: Das Festhalten der Liste erforderte Gemeinschaftsarbeit. Quelle: Altmann, 2022. 

Der Abschluss der Redebeiträge erfolgte durch Dr. Elke Gryglewski, Leiterin der Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten, mit einem Grußwort zur Eröffnung der neuen Unterlüßer Gedenkstätte. Sie betonte, dass die Realisierung des Gedenkstättenprojektes in der stattgefundenen Gemeinschaftsarbeit ein richtiges und wichtiges Signal sei. Die Forschung in Bezug auf die historischen Zusammenhänge vor Ort ist noch nicht abgeschlossen. 

Bild: Redebeitrag von Dr. Elke Gryglewski. Quelle: Altmann, 2022. 

Zum Schluss konnte auch noch das letzte Detail der vorhandenen Sitzbänke ergänzt werden - Schilder weisen nun darauf hin, wem die Bänke zu verdanken sind. Pastor i.R. Wilfried Manneke hatte einen Teil seines Preisgeldes aus dem, ihm 2018 verliehenen Paul-Spiegel-Preis für Zivilcourage für die Sitzbänke gespendet. Unterstützt wurde die Abwicklung von Seiten des Bergen-Belsen e.V., der sich ebenfalls im Rahmen der Realisierung der Gedenkstätte eingebracht hatte.

Bild: Schilder an den Sitzbänken. Quelle: Altmann, 2022. 

Mit der Eröffnung der Gedenkstätte konnte nun ein wichtiger Schritt in der Aufarbeitung der Unterlüßer Ortsgeschichte vollendet werden. Diese soll künftig einen Ausgangspunkt für die objektive Auseinandersetzung mit den einstigen Geschehnissen bieten. 

Beendet ist der Aufarbeitungsprozess damit noch nicht. Im Rahmen von Vorträgen, Exkursionen und (Schul-)Projekten soll die örtliche Geschichte künftig stärker in den Fokus rücken. Die Gedenkstätte selbst soll zudem um weitere Bestandteile erweitert werden. So wurden die Rückseiten der vorhandenen vier Informationstafeln bewusst zunächst noch frei gelassen - diese sollen in der näheren Zukunft mit weiterführenden Informationen bedruckt werden. 



Bild: Die neue Stolperschwelle. Quelle: Altmann, 2022. 


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